Man merkt und sieht es in meinen Beiträgen auf Instagram und vereinzelt auch bereits hier ja immer wieder, dass ich meinen Kaffee vor allem als Espresso mag.
Und hierbei haben es mir wiederum gerade die dunkeln Röstungen sehr angetan. Insbesondere jene intensiven und dunkeln bis sehr dunkeln Mischungen aus dem Süden Italiens beziehungsweise nach deren Art.
Doch was heisst das, wenn ich von dunkeln und intensiven Mischungen spreche? Ganz einfach: von langen und stark gerösteten Mischungen aus Arabica- und Robustabohnen! Wobei der Robustaanteil für mich sehr gerne auch bei 20% oder deutlich mehr liegen darf. Schliesslich ist es der Robusta, welcher den starken und ausgeprägten erdigen Geschmack mit vollem Körper und der gewissen Bitterkeit sowie Noten von Nüssen liefert, was ich sehr mag. Auch die Crema wird dank Robusta schön cremig und dicht. Dies ist zwar keinerlei Qualitätsmerkmal für den Espresso, aber wie heisst es so schön, das Auge trinkt mit.
Das soll übrigens überhaupt nicht heissen, dass der Norden Italiens nicht auch tolle Kaffees hat oder eine 100% Arabica-Mischung nicht schmeckt. Ganz im Gegenteil. Es gibt wirklich überall gute Kaffees zu finden. Ich hatte schon viele sensationell gute reine Arabicas. Auch probiere ich gerne zwischendurch mal Specialty Coffees, welche mitunter fast schon teeartig und fruchtig sind. Ich finde es wichtig, dass man möglichst viel Verschiedenes probiert. Aber ich mag sie halt einfach, diese starken, intensiven und kurzen Exemplare aus dem Süden. Vielleicht hat es auch ein bisschen damit zu tun, dass man an Ferien in Italien erinnert wird.
Auf der Suche nach neuen Kaffeeentdeckungen lande ich schlussendlich immer wieder in Neapel. Es ist erstaunlich, wie viele Röster diese Stadt und deren Region beherbergt und wie viele (für mich) gute Kaffees dort geröstet werden. Tatsächlich wurde ich von den Kaffees aus dieser pulsierenden Metropole bisher noch selten enttäuscht. Wobei ich natürlich auch noch nicht annähernd alle probiert habe.
Im Internet stiess ich bei meiner Suche nach einem neuen Röster beziehungsweise nach einem neuen Kaffee dieses Mal auf «Caffè Barbaro». Diese Rösterei wurde 1956 von Don Giovanni Lovine in Santa Maria la Carità, einer kleinen Stadt im Süden von Neapel und Nachbarort des berühmten Pompeis, gegründet.
Barbaro bietet klassischen süditalienischen Espresso Kaffee an.
Die angebotenen Kaffees machten mich sofort neugierig, so dass ich gleich mal je ein Kilo der Espressobohnen «Oro», «Blu» sowie «Nero» bestellt habe. Und so springen wir nun in meinen ersten Test hinein.
Der «Nero» landete zuerst in Mühle und Tasse.
«NERO»
Gleich vorweg, ich war zu Beginn sehr skeptisch! Doch schön der Reihe nach...
VERPACKUNG
Mir persönlich gefällt das Design der Verpackung in den Farben Neapels sehr gut. Es wirkt klassisch aber auch stylisch. Ein Aromaventil ist vorhanden.
Wie so oft bei den italienischen Röstern sind nähere Angaben zum Beutelinhalt eher Mangelware. So wird nirgends ein Mischverhältnis zwischen Arabica und Robusta oder die Herkunft der Kaffeebohnen deklariert.
Auf der Rückseite der Verpackung hat Barbaro für alle seine Kaffeemischungen einen, nennen wir es mal Aromasteckbrief, abgebildet. Dort findet man nähere Angaben zum jeweiligen Blend (Mischung). Dies ist grundsätzlich ein nettes Feature, aber mehr auch nicht, denn die Angaben sind sehr allgemein gehalten.
Bei meinem Testobjekt dem «Nero» steht unter anderem, dass die Mischung überwiegend aus Robusta besteht. Und damit übertreiben sie nicht. Eine kurze Recherche im Internet ergibt, dass der Nero aus 90% Robusta und nur 10% Arabica besteht.
Jawohl, 90% Robusta! Im «Nero» ist ordentlich Power!
DIE KAFFEEBOHNEN
Beim Öffnen der Verpackung strömte mir ein guter Kaffeeduft entgegen. Allerdings muss ich sagen, dass ein «wow» ausblieb. Er riecht sehr gut ohne dabei sehr aufzufallen. Da hatte ich schon andere Kaffees aus Italien und auch der Schweiz zu Hause, bei denen sich die ganze Küche mit einem herrlichen Duft füllte. Das fehlte mir hier etwas.
Beim Blick in die Tüte zeigte sich eine sehr dunkle und fast schon leicht ölige Röstung. Das Bohnenbild war ganz in Ordnung, die Röstung erschien als relativ regelmässig.
Wie immer, entnahm ich dem Beutel zwei bis drei Handvoll an Bohnen, um zu schauen wie es mit Bruchstücken aussieht. Und wie bereits beim Kaffeeduft, war ich auch bezüglich Bruch nicht zu hundert Prozent glücklich, fand ich doch einige zerbrochene und kaputte Bohnen.
Eine ganz leichte Enttäuschung machte sich breit. Obwohl Bruchstücke natürlich noch nicht viel aussagen müssen.
DER ESPRESSO
Mühle gefüllt, Kaffee gemahlen sowie Siebträger eingespannt und schon war meine Bezzera für den ersten Bezug bereit.
Aufgrund des sehr hohen – ähm, Moment – immensen Robustaanteils ging ich davon aus, dass der Espresso gleich sehr «schaumig» rauslaufen würde.
Und wow, ich wurde nicht enttäuscht. Der «Nero» läuft geschmeidig und dickflüssig wie Honig aus der Maschine, direkt in die Tasse. Und dies in einer tollen Farbe. Die Crema haselnussbraun, sehr massiv und stark.
Das sah schon mal toll aus. Umso mehr freute ich mich, da ich gleich beim ersten Versuch auf meine Brew-Ratio von knapp unter 1:2 kam.
Kurz umgerührt ging es ans Probieren.
Und wow! Der Espresso «NERO» ist eine Wucht!
Der Espresso hat einen vollen Körper und ist sehr intensiv. Die Bitterkeit ist da, aber sehr angenehm, ja ich würde sogar sagen mild. Zudem ist auch eine deutliche Süsse wahr zu nehmen. Mit jedem Schluck entfaltet sich nach und nach ein tolles und langanhaltendes Aroma. Deutliche Noten von dunkler Schokolade, Malz, und Nüssen sind heraus zu schmecken.
Was alle Leute mit Magenproblemen freuen dürfte, der «NERO» hat, ganz typisch für solche Mischungen, keine Säure. Und damit meine ich wirklich NULL Säure.
Ein richtig leckerer Espresso nach neapolitanischer Art!
Noch eine Stufe besser schmeckt er, wenn man ihn so trinkt wie es die Neapolitaner gerne tun – mit Zucker! Der Zucker benötigt zwar gefühlte zwei Minuten, um durch die Crema zu dringen, aber wow, das schmeckt. Ich glaube sogar, dass der «Nero» gerade durch die Zugabe von Zucker erst dieses italienische Ferienfeeling während des Trinkens auslöst.
(Zucker verfälscht übrigens den Geschmack nicht, sondern kann diesen im Gegenteil verstärken, positiv als auch negativ. Dazu aber mal mehr in einem eigenen Beitrag.)
Der «NERO» ist auch bestens für Cappuccino, Latte Macchiato oder andere Variationen mit Milch geeignet. Denn er kommt locker durch mehrere Schichten von Milch.
Mit einem Preis von umgerechnet rund CHF 16.00 für ein Kilo ist der Kaffee auch preislich sehr interessant.
FAZIT / RATING
RATING: 6.5 / 10.0
Mir hat dieser Espresso sehr gut geschmeckt. Nach anfänglicher Skepsis infolge etwas fehlendem Duft sowie vieler Bruchstücke war ich schlussendlich doch sehr zufrieden, ja fast schon begeistert.
Kräftig und intensiv wie eine Nackenschelle von Bud Spencer. So schmeckt Neapel! (Zumindest stelle ich mir das so vor)
Alle, welche einen intensiven Espresso voller Italianità mögen, sollten ihn probieren. Warum aber gebe ich dem «Nero» nur ein Rating von 6.5, wenn er mir doch so gut geschmeckt hat?
Ganz einfach: ich will in meinen Tests möglichst objektiv sein. Und ganz objektiv betrachtet wird dieser Espresso vielen Kaffeetrinkerinnen und Kaffeetrinkern zu grob, zu wuchtig und zu stark sein. Nach dem Genuss bleibt der herbe Geschmack noch lange auf der Zunge.
90% Robusta sind eine Ansage! Der «NERO» liefert eine richtige Koffein-Dröhnung ohne Kompromisse. Wer auf Koffein stärker reagiert, sollte sich zuerst langsam mit anderen Kaffeemischungen herantasten.
Daher glaube ich, ist eine 6.5 fair und schliesslich ist dies ja immer noch eine gute Bewertung.
Nach meinem ganz persönlichen Geschmack würde ich dem «NERO» übrigens sehr gute 7.5 geben.
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