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Wie geht Espresso?

Lange habe ich mir überlegt, welchen Titel ich zu diesem Beitrag wählen soll. Zur Auswahl standen unter anderem «Meine ersten Schritte», «aller Anfang ist schwer», «Wo fange ich an? » oder auch «Mist, ich gebe auf».



Sie alle hätten gepasst! Denn alle Titel unterstreichen die verschiedenen Phasen meines persönlichen Befindens, welches ich verspürte, bis ich endlich meinen perfekten Espresso in der Tasse hatte. Da war alles mit dabei, von Neugier über Geduld bis hin zur Ungeduld und sogar kurzzeitiger Wut, welche sich in Form von Fluchen in allen möglichen Sprachen zeigte!


Ich schreibe übrigens bewusst von meinem perfekten Espresso. Denn wie so vieles, ist auch Espresso beziehungsweise Kaffee allgemein, reine Geschmackssache. Die einen mögen ihren Espresso dunkel, nussig, rassig und wuchtig, die anderen wiederum trinken lieber den milderen, samtigen Espresso, der vielleicht gerne auch mal etwas Fruchtiges aufweist.


Persönlich bevorzuge ich die Erstgenannten. Für mich geht nichts über einen rassigen Süditaliener, intensiv wie eine Faust von Bud Spencer, süss wie das Zuzwinkern von Sophia Loren.


Ich wechsle zwischendurch aber auch gerne mal auf ein milderes Exemplar. Je nach Lust und Laune.


Aber ich schweife ab! Ich möchte hier schliesslich aufzeigen, wie man Mühle und Maschine korrekt einstellt.


Vielleicht war ich anfangs etwas zu naiv, als ich mir mein Setup bestehend aus Bezzera «Unica» Einkreisermaschine sowie Eureka Mignon Mühle kaufte. Ich dachte mir, das kann nicht so schwierig sein: «Kaffee mahlen, ab in den Siebträger, einspannen, Wasser Marsch und fertig. Denkste! Zwar ist das Ganze keine Raketenwissenschaft, aber halt auch nicht völlig einfach.


Von Anfang an:


Natürlich hatte ich mich vorgängig immer wieder mit dem Thema Siebträger und Kaffee befasst. Habe mir zig Videos auf YouTube angeschaut und mich durch viele Beiträge durchgeklickt.


Dadurch wusste ich auch, dass es in Italien das Nationale Institut für Espresso (Instituto Nazionale Espresso Italiano) gibt, welches eine Norm für den perfekten Espresso vorgibt.


Diese Norm besagt, dass ein perfekter Espresso die folgenden Merkmale aufweist:

- 6.5g bis 7.5g fein gemahlener Kaffee

- Temperatur zwischen 86 bis 90 Grad

- Druck zwischen 8 bis 10 Bar

- Bezugszeit 20 bis 30 Sekunden

- Menge in der Tasse 20 bis 30ml


Vorweg kann ich sagen, dass für mich - wie auch viele andere Espressogeniesser - diese Eckdaten nicht in Stein gemeisselt sind. So nehme ich zum Beispiel mehr Kaffeepulver und brühe mit 93 Grad. Auch hier spielt der persönliche Geschmack wieder eine Rolle.


Aber die Eckdaten zeigen trotzdem schön auf, wie es in etwa sein sollte: Nämlich, dass der Espresso während 25 Sekunden Extraktion eine Menge von 25ml in der Tasse ergibt.


Doch wie gehen wir das an? Wie steuern wir das? Ganz einfach, mit dem Mahlgrad!


Eingesetzte Kaffeemenge, Brühtemperatur und Bezugszeit sind die Konstanten. Benutzt unbedingt eine Feinwaage, um das Kaffeepulver immer wiegen zu können. Die Variable ist der Mahlgrad und die damit direkt zusammenhängende Ausgabemenge. Je gröber ich mahle, desto schneller läuft das Wasser durch, je feiner ich mahle umso langsamer sucht sich das Wasser seinen Weg durch das Kaffeepulver, da mehr Widerstand da ist. Entsprechend baut die Maschine bei feinem Mahlgrad und dem dadurch höheren Widerstand mehr Druck auf.


Um diese Kernthematik noch mit einem anderen Beispiel aufzuzeigen. Ihr habt eine Fläche mit feinem Kies und eine Fläche mit ganz feinem Sand. Auf beide Flächen lasst ihr Wasser laufen. Beim Kies wird es schneller versickern. Ganz einfach weil die Oberfläche weniger kompakt ist. Beim Sand hingegen wird sich das Wasser etwas stauen und viel langsamer durchsickern.


Aber zurück zum Kaffee!


Mein Ziel musste also sein, den Kaffee so fein zu mahlen, dass er innerhalb von 25 Sekunden eine Menge von ca. 25ml in meiner Tasse ergibt. Zur Kontrolle der Kaffeemenge gibt es übrigens extra Gläser mit Messindex.


Für den ersten Versuch habe ich einfach den Mahlgrad genommen, mit welchem die Mühle ausgeliefert wurde. So hatte ich mal einen ersten Anhaltspunkt, in welchem Bereich ich mich bewege. Bereits beim Mahlen dachte ich mir, dass dieses Pulver wohl noch zu grob ist. Aber ich wollte es testen. Siebträger gefüllt, Kaffeepulver getampt, eingespannt und dann Wasser Marsch.



Es kam, wie es kommen musste. Das Kaffeepulver war noch viel zu grob, der Kaffee schoss nur so durch in meine Tasse, so dass ich bereits nach 10 Sekunden stoppen musste, damit nichts überläuft.


Mahlgrad etwas feiner verstellt, wieder probiert. Beim zweiten Versuch schaffte ich es bereits bis auf 15 Sekunden, aber immer noch zu grob. Also weiter verstellt.


Und siehe da, nach gefühlten 1kg vermahlenem Kaffee war ich plötzlich an meinem gewünschten Wert angekommen. Ich konnte innerhalb von 25 Sekunden die gewünschte Menge an Kaffee extrahieren.


Das fiese an der ganzen Thematik ist, dass diese Einstellung nicht für die Ewigkeit bestimmt ist. Denn jeder Kaffee oder sagen wir mal, fast jeder Kaffee verhält sich anders. Der korrekte Mahlgrad kann von so vielen Faktoren abhängen: Alter der Kaffeebohnen, Zusammensetzung der Bohnen (Arabica, Robusta), Luftfeuchtigkeit usw.


Gerade wenn ich von meinen üblichen Arabica-Robusta-Mischungen auf einen reinen Arabica wechsle, muss ich vieles verstellen.


Aber das Gute ist, mit der Übung kommt die Routine. Und so wechselt ihr schon sehr bald sehr schnell auf den richtigen Mahlgrad.


Die ganze Thematik zeigt zudem auch auf, dass eine gute Kaffeemühle essenziell wichtig ist. Viele Experten sind sogar der Meinung, dass eine gute Mühle wichtiger ist, als die eigentliche Kaffeemaschine.


Weiter möchte ich noch etwas präzisieren: Oben habe ich geschrieben, dass Bezugszeit und Ausgabemenge die Konstanten sind. Auch das ist eine relative Aussage.


Denn es gibt durchaus auch Kaffees, welche gerne länger bezogen werden, dafür in kleinerer Menge oder umgekehrt. Auch der persönliche Geschmack kommt hier wieder zum Tragen. Es ist unglaublich spannend, wie sich ein Kaffee im Geschmack verändern kann, wenn er anstatt 25 Sekunden bis 28 Sekunden, oder nur bis 23 Sekunden bezogen wird. Man würde es kaum glauben, aber die Unterschiede sind teilweise deutlich zu bemerken.


Ich arbeite mittlerweile nur noch mit der Brew Ratio, bei welcher man das eingesetzte Kaffeepulver und die Kaffeemenge ins Verhältnis setzt. So benutze ich für meinen doppelten Espresso zum Beispiel die Brew Ratio von 1:2. Ich nehme 20g Kaffeepulver und beziehe damit 40g Kaffee.


Für meine dunklen, süditalienischen Espressi hat sich ein Verhältnis von 1:1.5 bis zu 1:2 bewährt.


Aber mehr zur Brew Ratio zu einem späteren Zeitpunkt in einem separaten Beitrag.


Aber, wieso habe ich über all das jetzt überhaupt geschrieben? Ganz einfach, um zum einen meine ersten Schritte verarbeiten zu können, zum anderen aber auch, um aufzuzeigen, dass gerade der Start in die Siebträgerwelt gut vorbereitet sein will. Und auch wenn der Text keine professionelle Anleitung beinhaltet, hoffe ich, dass er Neueinsteigerinnen und Neueinsteigern zumindest rudimentäre Tipps und Hilfe bieten kann.


Hat man sich durch all das Proben zu Beginn durchgekämpft, wird man mit unglaublich leckeren und tollen Espressi belohnt! Fast wie in Italien!



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